Bei dem im September 2021 eröffneten Autonomie-Parcours auf dem Silvius-Magnago-Platz in Bozen handelt es sich um eine aktuelle, historisch eingebettete Multimedia-Ausstellung über die Bedeutung des Zweiten Autonomiestatuts für Südtirol.

Am besten erklären lässt sich der Ausstellungsparcours zur Autonomie auf dem Silvius-Magnago-Platz, indem man beschreibt, was dieser nicht ist. Anders als man vielleicht meinen möchte, handelt es sich nicht um eine Ausstellung zur Geschichte Südtirols, die darauf abzielt, im Detail die wechselseitigen Ereignisse zu schildern, die zum Zweiten Autonomiestatut geführt haben. Vielmehr steht der Besucher vor einer multimedialen Ausstellung, die in überaus synthetischer Form versucht, die Grundzüge der Südtiroler Autonomie für ein breites Publikum nachzuzeichnen, auch für Menschen, die wenig bis kein Vorwissen zu diesem Thema besitzen. Um die Ursprünge dieser lokalen Autonomie erklären zu können, war es nötig, die historischen Ereignisse des vergangenen Jahrhunderts in knapper Form darzustellen.

 

Silvius Magnagos entscheidende Rolle

Eine herausragende Rolle kommt dabei Silvius Magnago zu, auch weil der Südtiroler Landtag einstimmig beschlossen hatte, dass der Persönlichkeit Magnago in der Ausstellung auf dem nach ihm benannten Platz ein Ehrenplatz zu Teil werden sollte. Der Ausstellungsparcours ruft jedoch auch weitere Persönlichkeiten, deutscher und italienischer Muttersprache, in Erinnerung, die eine bedeutende Rolle auf dem Weg hin zur Autonomie gespielt haben und in Wort oder Bild erwähnt werden. Der Persönlichkeit Alcide Berloffa ist eine eigene Installation in unmittelbarer Nähe, im nach ihm benannten Park, gewidmet. Über all dem steht das große Bemühen um eine knappe und einfache Darstellung der Fakten, die bei einer Ausstellung im Freien notwendig ist, wo der Besucher schnell und aufs Wesentliche bezogen informiert werden soll. Den Großteil der Ausstellung nimmt jedoch die Beschreibung der Wesenszüge der Südtiroler Autonomie ein und handelt damit mehr von der Gegenwart als von der Vergangenheit. Ziel ist es, die Schlüsselelemente des Südtiroler Autonomiemodells zu beschreiben, wie den ethnischen Proporz, die Gewährleistung des gleichberechtigten Gebrauchs der drei Landessprachen, die dezentrale Ausübung gewisser Zuständigkeiten, den besonderen finanziellen Rahmen.

 

Südtirol im Wandel und die Autonomie

Beim Versuch, die Ratio dieser Elemente zu erklären, geht die Ausstellung auf ihren Ursprung in der besonderen Situation der 1960er und 1970er Jahre ein, in denen die Landesautonomie ausgearbeitet wurde. Dabei werden die kritischen Punkte dieses nunmehr vor einem halben Jahrhundert entstandenen Modells nicht verschwiegen, dessen Kontext unter einigen Gesichtspunkten weniger komplex als der heutige gewesen ist. Beim Thema der Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung beispielsweise wird darauf hingewiesen, wie stark die Gruppe jener zugenommen hat, die Mühe haben, sich der deutschen, italienischen oder ladinischen Sprachgruppe zugehörig zu erklären. Man denke nur an die 10 Prozent Mitbürgerinnen und -bürger aus anderen Ländern oder an die wachsende Zahl gemischtsprachiger Familien.

Il Percorso è stato sviluppato da un gruppo di lavoro composto dagli esperti: Andrea Di Michele (unibz), Verena Malfertheiner (Azienda Musei provinciali), Hans Karl Peterlini (Uni Klagenfurt) Josef Rohrer (autore, giornalista e designer di mostre) e Martha Stocker (storica, presidente della Fondazione Silvius Magnago)

Blick über die Landesgrenzen

Die letzten Säulen des Autonomieparcours bieten Denkanstöße, die einladen, über unsere Autonomie nachzudenken und zugleich den Blick über die gewohnten geografischen, aber auch geistigen Grenzen hinaus zu richten. Da wird beispielsweise über den Begriff Identität nachgedacht – in Südtirol immer wieder ein Thema -, der weitaus facettenreicher und offener als üblicherweise dargestellt wird. Aber auch eine gewissen Selbstbezogenheit wird thematisiert, die uns manchmal auszeichnet und uns als Nabel der Welt fühlen lässt, die wir ja so autonom und nahezu außerhalb der Reichweite von Problemen und Dynamiken sind, die den gesamten Planeten betreffen und die vor Grenzen, ob Ländergrenzen oder nationalstaatliche, nicht Halt machen. Die derzeitige Pandemie ist ein eindrückliches Beispiel dafür.

 

Fragen, an denen wir wachsen

Blicken wir zurück auf den Beginn des Ausstellungsparcours, auf die erste Säule, an der Bürgerinnen und Bürger ihren Standpunkt zur Landesautonomie schildern. Eine ungewöhnliche Art, um eine Installation zu beginnen. Sie wurde gewählt, um zu betonen, wie sehr im Grunde die Art und Weise im Mittelpunkt stehen muss, in der ein politisches und administratives System das Leben derjenigen, die hier wohnen, beeinflusst. Dieser Fokus muss grundlegend bleiben, auch genährt durch die Fragen und Zweifel, die dieser Ausstellungsparcours aufwirft.

Andrea Di Michele ist Professor für Zeitgeschichte an der Freien Universität Bozen. Seine Forschungsschwerpunkte sind Regionalgeschichte, Geschichte Italiens des 20. Jahrhunderts, österreichisch-italienische Beziehungen und Didaktik der Geschichte.

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