Familiäre Landwirtschaft
Wie die bäuerlichen Familienbetriebe zum Erhalt der flächendeckenden Bewirtschaftung der verfügbaren Agrarfläche Südtirols beigetragen haben.
Auf einer Meereshöhe von 1740 Meter liegt das gemähte Heu auf der Almwiese. In der Ferne ist die Bäuerin mit ihren braungebrannten Armen zu erkennen, um sie ihre vier Kinder. Der Architekt, die Kindergartentante, der Maurer und der Agrarstudent, mit dem Zug aus Wien angereist: Alle helfen in der Augustwoche bei der Heuernte mit. Sie blicken in Richtung Heulader, der sich nähert.
Den Erfolg der Landwirtschaft verdankt Südtirol den Familienbetrieben –und der Autonomie.
Die Paket-Autonomie hat gemeinsam mit der Agrarpolitik der EU die Erhaltung einer flächendeckenden Bewirtschaftung der verfügbaren Agrarfläche durch bäuerliche Familienbetriebe sichergestellt. Im Alpenraum ist das eine Besonderheit –nicht umsonst ist die Landwirtschaft in vielen Teilen Europas vom Wort „Bauernsterben“ geprägt. Südtirols Landwirtschaft beseht fast ausschließlich aus Familienbetrieben (16.549 zum 31.12.2020). Es sind diese Familienbetriebe, die der Landwirtschaft ein Gesicht geben und den ländlichen Raum lebendig halten. Die Institution des „geschlossenen Hofes“ hat dazu beigetragen, Aufteilungen zu vermeiden. Dieses Prinzip der Unteilbarkeit des bäuerlichen Eigentums stammt aus dem mitteleuropäischen Raum. Schon im 6. Jahrhundert wurde vom germanischen Recht die Notwendigkeit anerkannt, beim Tod des Familienoberhauptes die landwirtschaftliche Einheit nicht zu teilen. Ziel ist es, die Ertragsfähigkeit der landwirtschaftlichen Fläche sicherzustellen, damit die bäuerlichen Familien vom Einkommen am Hof leben können.
Bäuerliches Einkommen weit unter Durchschnitt
Das ist in der kleinstrukturierten Südtiroler Landwirtschaft nicht immer leicht. Der Nebenerwerb und die Unterstützung durch die öffentliche Hand haben einen wichtigen Beitrag geleistet, um eine stärkere Abwanderung zu verhindern. Viele bäuerliche Familien sind auf Fördermittel angewiesen und trotz finanzieller Unterstützungen liegt der Lohn pro Arbeitsstunde einer Bäuerin oder eines Bauers durchschnittlich weit unter dem anderer Berufe. Laut Berechnung der Eurac beträgt (basierend auf Daten des europäischen Informationsnetzes landwirtschaftlicher Buchführungen) der Nettoertrag im Bereich der Milchwirtschaft 9 Euro pro Stunde (die Hälfte davon in Form von Beiträgen) und jener des Obst– und Weinbaus 17 Euro pro Stunde (jeweils als Superbrutto, also ohne Abzug der Sozialabgaben). Ein gesichertes Einkommen ist aber unerlässlich, um die kleinen Familienbetriebe und mit ihnen einen lebendigen ländlichen Raum erhalten zu können.
Durch die autonome Handhabung der öffentlichen Investitionen über den Landeshaushalt konnten die kleinen Betriebe besser gefördert werden, etwa bei der Erschließung der Höfe. Aber auch die Investitionsbeihilfen über die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU hat zum Erhalt der flächendeckenden Landwirtschaft beigetragen. Nicht zuletzt hat die einmalige Organisationsstruktur des Südtiroler Genossenschaftswesens einen wertvollen Beitrag bei der weltweiten Vermarktung der landwirtschaftlichen Produkte geleistet.
Ein gesichertes und gerechtes Einkommen der Landwirte und Landwirtinnen sowie der Erhalt der bäuerlichen Familienbetriebe ist für die Zukunft der Südtiroler Landwirtschaft unverzichtbar. Waren vor 50 Jahren noch 42,6 Prozent der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft tätig, ist die Zahl nunmehr auf ungefähr 6 Prozent gesunken. Noch immer aber sorgen sie für die flächendeckende Bewirtschaftung der verfügbaren Agrarfläche Südtirols.
Autonome Verwaltung der Landwirtschaft seit 1972
Die bäuerlichen Familienbetriebe sichern nicht nur die Lebensmittelversorgung, sondern auch die Erhaltung der Kulturlandschaft in unserem Land. Seit Inkrafttreten der erweiterten Autonomie im Jahr 1972 genießt Südtirol umfassende Selbstverwaltungsrechte und konnte somit deren Erfolg fördern und sicherstellen.
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