Auch im Bereich der Mobilität will Südtirol immer nachhaltiger werden: Der Weg dorthin führt über passende Infrastrukturen, noch nutzerfreundlichere Öffis und mehr Radmobilität.

„Des war a cooler Bus. Mit den tat i gearn fohrn”, sagt einer der drei Jugendlichen im Zug von 7:13 Uhr von Meran nach Bozen. Er zeigt auf den silberblau glänzenden Wasserstoffbus, der gerade am Bahnhof Sigmundskron Halt macht. „Und der isch a umweltfreundlich, gleich wie der Zug“, sagt ein anderer. – In der Tat erregen die neuen Brennstoffzellenbusse immer wieder Aufsehen. Seit einigen Monaten sind sie im Bozner Stadtverkehr unterwegs… und zu 100 Prozent emissionsfrei sind sie auch.

 

Wasserstoffbusse für leise, saubere und bequeme Fahrten
Die Jugendlichen sind nicht die einzigen, die sich für die Busse mit Wasserstoffantrieb interessieren. Als im Mai 2021 die ersten der neuen sauberen H2-Busse am Betriebsgelände der Inhouse-Gesellschaft SASA vorgestellt wurden, schauten alle umliegenden Regionen auf das kleine Südtirol. Die H2-Busse in Bozen sind die einzigen Wasserstoff-Busse in Italien und zählen zu jenen 300 Wasserstoffbussen, die in Europa insgesamt unterwegs sind.
Minister Enrico Giovannini lobte damals das Land Südtirol für seine Initiativen: „Südtirol hat mit großem Verantwortungsbewusstsein bereits einen vorbildlichen Weg eingeschlagen.“ Seitdem kommen immer wieder Delegationen aus anderen Regionen und Provinzen nach Südtirol, um sich die topmoderne Busflotte mitsamt Tankstelle anzuschauen. Die Busse seien angenehm leise, loben die Stadtbewohner. Bequem seien sie auch, zeigen sich die Passagiere zufrieden. Auch die Busfahrer sind stolz. „Nach einer Extra-Schulung fahren sich die Busse super“, sagt Busfahrerin Margit Winkler.

 

Mehr autofreie Mobilität ist gefragt
„Über Wasserstoff wird es gelingen, Mobilität, Energie und Innovation sinnvoll zu verbinden und somit von fossilen Brennstoffen unabhängiger zu werden“, ist Landeshauptmann Arno Kompatscher überzeugt. Dass das notwendig ist, zeigt ein Blick auf die neuesten Daten des Landesstatistikinstituts ASTAT 2021 zur Mobilität in Südtirol: Noch immer wird jeder zweite Weg in Südtirol mit dem Auto zurückgelegt. „Das muss sich eindeutig ändern“, betont Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider: „Bevor jemand von A nach B will, soll er zuerst nicht den Autoschlüssel suchen, sondern das geeignetste und umweltfreundlichste Mobilitätsmittel.“

Natürlich setzt das Land laut Mobilitätslandesrat künftig noch mehr auf saubere Antriebe und kann dabei auf Finanzierungen aus Rom setzen: Sowohl bei öffentlichen als auch bei privaten Verkehrsmitteln sind Gelder für emissionsarme Mobilität aus dem Wiederaufbau-Fonds zugesichert. Das Netz an Ladestationen von E-Autos wird ab 2021 sukzessive um 22 Schnellladesäulen (Hypercharger) erweitert.

 

Bus und Bahn sollen noch verlässlicher und bequemer werden
43 Prozent der 2.183 für die ASTAT-Studie Befragten zwischen 14 und 80 Jahren gaben an, dass sie unter bestimmten Bedingungen die öffentlichen Verkehrsmittel mehr nutzen würden. Die Landesregierung und Landesverwaltung zieht daraus den eindeutigen Schluss: Die öffentlichen Verkehrsmittel müssen für die Fahrgäste noch attraktiver werden, sprich die Fahrgäste sollen an allen Orten in Südtirol öffentliche Verkehrsmittel nutzen können. Diese sollen zuverlässig, gut vernetzt, bequem und preisgünstig sind. Dazu braucht es ein ganzes Paket an Angeboten: Erstens neue Züge und Busse, deren Ankauf zum Teil im Gange ist, zweitens mehr Digitalisierung und drittens eine Verdichtung des Takts, an der das Land Südtirol ebenfalls arbeitet.

 

Nachhaltige Mobilität: Auch eine Frage der Infrastruktur
Nicht zuletzt sind passende Infrastrukturen nötig. „Vor 150 Jahren wurde die Bahn gebaut, weil es keine Autos gab, jetzt müssen wir wieder in die Bahn investieren, weil zu viel Autos unterwegs sind“, unterstreicht Alfreider und nennt die Bahnschleife im Riggertal, die neuen Bahnhöfe in St. Jakob, Schabs und Prags und den Ausbau der Bahn zwischen Bozen und Meran mit dem Virgl-Bahntunnel als wichtige Vorhaben. Neben einem Beitrag zum Umweltschutz bedeuten umgesetzte Bahnvorhaben auch eine Zeitersparnis für die Fahrgäste, etwa die Bahnschleife im Riggertal, die 15 Minuten pro Fahrt spart: Bei zwei Fahrten pro Tag und 220 Arbeitstagen im Jahr macht das 110 Stunden.

Damit man leichter umsteigen kann, weniger lang fährt und weniger lang auf Zug oder Bus warten muss, investiert das Land in Infrastrukturen wie die Mobilitätszentren in Bruneck und Brixen.
Was das Straßennetz anbelangt, so setzt das Land auf die Wartung der bestehenden Verkehrswege. Wie das funktioniert, erklärt Ressortdirektor Martin Vallazza: „Wir greifen gezielt ein, um die Infrastruktur in allen Landesteilen zu modernisieren und klimaresilient zu machen. Dazu braucht es ein konstantes Gefahren-Monitoring, regelmäßige Kontrollen an Straßen, Brücken und Tunnels sowie gute Planung und geeignete Materialien, beispielsweise haltbare Beläge, die wir aktuell testen.“

 

Mehr Fahrrad fahren auf kurzen Wegen
Laut ASTAT-Studie sind mehr als die Hälfte der innerhalb der Gemeindegrenzen zurückgelegten Wege kürzer als zehn Kilometer, ein Viertel sogar weniger als zwei Kilometer. Gerade auf diesen kurzen Strecken ist das Fahrrad sicher das geeignetste Verkehrsmittel. Dafür spricht auch, dass 29 Prozent der Befragten das Rad gerne öfter nutzen würden. Aus all diesen Gründen setzt die Mobilitätspolitik des Landes weiter auf den Ausbau der Fahrradmobilität.
So arbeitet das Land Südtirol derzeit erstmals an einem Radmobilitätsplan: Vorhaben dazu will es gemeinsam mit den Gemeinden und Bezirksgemeinschaften umsetzen. Schnelle Alltagsverbindungen werden etabliert. Daneben gibt es Pilotprojekte für Fahrradverleihstationen, beispielsweise in Lana und Bruneck.
Ganz neu sind auch die Radspuren auf die viel befahrenen Gebirgspässe. Derzeit sind solche Spuren für Radler am Sellajoch und am Grödner Joch in Bau und für den Valparola-Pass in Planung.

 

Mobilitätsbedürfnisse und Nachhaltigkeit im Visier
„Wenn man die in der Studie aufgezeigten Mobilitätsbedürfnisse der Südtirolerinnen und Südtiroler betrachtet, sind wir mit unseren Bemühungen, die Radmobilität auszubauen und die Öffis weiter zu verbessern und Infrastrukturen für saubere Mobilität zu schaffen, in die richtige Richtung unterwegs und haben zugleich die Nachhaltigkeit im Blick“, sagt Mobilitätslandesrat Alfreider.
Und die Jugendlichen aus dem Zug? Die sind längst vom Bahnhof aus mit Fahrrad, E-Roller und zu Fuß losgestartet.

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