#4 Nachhaltigkeit
Mehr einheimisches Holz soll in Zukunft im öffentlichen Bauwesen Verwendung finden. Landschaftsbild und Umwelt sollen daraus Gewinn ziehen.

Das Ziel der Landesregierung für die nächsten Jahre ist klar: Allumfassend soll für mehr Nachhaltigkeit gearbeitet werden. Um den Emissionsausstoß weiter zu verringern und das Klima noch stärker zu schützen, werden die Maßnahmen des Klimaplans um zusätzliche Schritte ergänzt.

Wer künftig beim Neubau oder einer Haussanierung auf Holz setzt, kann mit Unterstützung des Landes rechnen. Eine Arbeitsgruppe in der Landesforstabteilung arbeitet momentan an Richtlinien und Maßnahmen, um Holz wieder stärker als Baustoff zu fördern. Mit dabei sind Experten aus den Landesabteilungen Wohnungsbau, Hochbau und technischer Dienst, Lokale Körperschaften sowie Natur, Landschaft und Raumentwicklung, außerdem die Landesagentur für Umwelt und Klimaschutz sowie für Energie Südtirol KlimaHaus und IDM Südtirol.

Holz ist ein nachwachsender Rohstoff, der in Südtirol weit verbreitet ist. „Holz hat Qualitäten, die manchmal unbeachtet bleiben: Holz kann über lange Jahre große Mengen von Kohlendioxid speichern“, erklärt Landesforstdirektor Mario Broll. Das CO² werde dabei über die Fotosynthese und die Kraft der Sonne im Baumstamm gebunden. Wenn man Holz als Baustoff verwendet, bleibt diese Funktion über Jahre erhalten, wird das Holz hingegen verbrannt, wird auch das Kohlenstoffdioxid in die Umwelt abgegeben. Ein Kubikmeter getrocknetes Holz besteht aus 215 Kilogramm Sauerstoff, 30 Kilogramm Wasser, fünf Kilogramm anderer Elemente und rund 250 Kilogramm Kohlenstoff, der 0,9 Tonnen CO² entspricht. Auch wenn Holz bei einer Sanierung nochmals verwendet wird, behält es seine CO²-Speicherfähigkeit bei. Jenes Holz, das nicht mehr gebraucht wird, liefert als Biomasse Energie. Holz kann somit noch nachhaltiger genutzt werden als bisher.

Auch die heimische Waldwirtschaft setzt mit PEFC auf eine nachhaltige Holzproduktion.

„Mit dem Energiebonus, der für energetische Sanierungen und Bauten zuerkannt wird, setzen wir auch die Verwendung von Holz als Baumaterial wieder stärker in den Mittelpunkt“, sagt Maria Hochgruber Kuenzer, die Landesrätin für Raumentwicklung, Landschaft und Denkmalpflege. Das Land fördert traditionelle Bauelemente. Mit den Zuschüssen für die Landschaftspflege unterstützt die Landesabteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung Bau und Instandsetzung von Schindel- und Strohdächern. Es geht dabei um die Erhaltung des Landschaftsbildes, das in Südtirol von solchen Holzelementen geprägt ist. Der Gedanke der Nachhaltigkeit ist darin selbstredend enthalten: Holz ist eine lokale Ressource, die der Bevölkerung seit jeher auch in entlegenen Gebieten als Baumaterial zur Verfügung stand. Holz kommt an Baudenkmälern in unterschiedlichsten Formen und unterschiedlichster Verarbeitung zur Anwendung: Hausstrukturen, Decken, Wände und Dachstühle, Bodenbelag, Täfelungen sowie für Türen und Tore. Die Verwendungsarten stehen nicht nur für Nachhaltigkeit, sondern auch für ästhetische und künstlerische Werte. „Holzbauelemente wie Eingangstore oder Balkone sind in den meisten Fällen in den geschützten oder zu schützenden Ensembles enthalten, mit denen die Gemeinden das Ortsbild erhalten,“ hebt Hochgruber Kuenzer hervor. Diesen Werten verpflichte sich die Denkmalpflege: Sanierungen und Reparaturen sollen nach Möglichkeit nach dem Vorbild der traditionellen Holzverbindungen durchgeführt werden, unter Verwendung von Massivholz aus dem Alpenraum.

Unbehandeltes Holz ist das einzige Baumaterial, das sich selbst entsorgt. Entsprechend erteilt der Landschaftsschutz in Alm- und Schutzgebieten Ermächtigungen ausdrücklich nur dann, wenn Bauten „aus unbehandeltem Holz“ errichtet werden, beispielsweise die Kochhütten.

Die lokale Ressource Holz ist in Südtirol schon seit jeher ein vielfach genutztes Baumaterial.

In der Forstdirektion koordiniert Angelika Aichner eine Arbeitsgruppe: „Wir arbeiten an Richtlinien zum Einsatz des Baustoffs Holz sowohl im öffentlichen, sozialen als auch im geförderten Wohnbau. Das Ziel ist es, einen fixen Prozentsatz für öffentliche Bauvorhaben zu definieren“, erklärt Aichner. Angedacht sind zehn Prozent. Bereits 2008 wurde im öffentlichen Sektor die Verwendung von nachhaltig eingesetztem Holz per Gesetz festgelegt. Auch in den Programmen des sozialen Wohnbaus findet dies seinen Widerhall. „Es gibt zwar bereits Einzelmaßnahmen, wir brauchen aber noch weitere Schritte, um Holz aus unserem direkten Umfeld für den sozialen und öffentlichen Bau zu einem verpflichtenden Baustoff zu machen“, sagt Angelika Aichner. Auch an Anreizen für private Bauherren werde gedacht. „Eine Art CO²-Bonus könnte die Verwendung von Holz im geförderten Wohnbau ankurbeln“, sagt Aichner. Deshalb befasse man sich mit den Zertifizierungsmechanismen vom KlimaHaus und arbeite mit den Experten der Agentur zusammen. Denkbar sei auch, solche Maßnahmen an die Gemeindenfinanzierung zu knüpfen.

Es gibt viele Möglichkeiten, ein Holzgebäude zu bauen, erklärt Architektin Alessia Biotti, Mitarbeiterin im Landesamt für Hochbau West. Tragende Gebäudeteile, wie Wände und Dach, bestehen in diesem Fall aus Massivholz oder Holzmaterialien. Von einem „Mischgebäude“ spricht man hingegen, wenn Holz nur in Teilen, in Ergänzung mit anderen Materialien wie Beton oder Stahl, eingesetzt wird. Im öffentlichen Bauwesen gilt es, unterschiedliche Vorgaben (baulicher, aber auch rechtlicher Natur) eingehalten werden. „Vor allem bei großen Bauten empfiehlt sich eher die gemischte Bauweise“, unterstreicht Biotti und weist auf die Sicherheitsvorgaben hin, die zu berücksichtigen seien.

"Mit der Verwendung von Südtiroler Holz im Bauwesen unterstützen wir auch die lokale Holzwirtschaft, die mit Erfahrung, Kulturverständnis und modernem Know-how aufwarten kann."
Arnold Schuler

Ein Holzbau bedarf einer guten Vorbereitung – vieles kann nicht erst im Zuge der Bauarbeiten entschieden werden. Beim öffentlichen Bauen müssen Sicherheitsauflagen erfüllt werden, die sich von Staat zu Staat unterscheiden. „Wir sprechen hier von einem Paradigmenwechsel: Heute ist auf den Baustellen viel mehr Abstimmung und Zusammenarbeit nötig“, berichtet die Architektin. Die Herausforderung der Zukunft werde vor allem darin bestehen, alle beteiligten Akteure in die neue Bau- und Planungskultur einzubeziehen. „An diesem Prozess arbeiten wir bereits heute“, sagt Biotti. Trotz aller Schwierigkeiten sei man davon überzeugt, dass Holz auch im öffentlichen Bauwesen eingesetzt werden könne. Ziel sei es, andere Baumaterialien durch Holz zu ersetzen, in der Produktion, Ausführung und im Abbau, um dadurch den Ausstoß gefährlicher Gase weiter zu verringern.

Holz ist ein wertvoller und nachgefragter Baustoff.

„Mit der Verwendung von Südtiroler Holz im Bauwesen unterstützen wir auch die lokale Holzwirtschaft, die mit Erfahrung, Kulturverständnis und modernem Know-how aufwarten kann“, sagt Agrarlandesrat Arnold Schuler. Seit 60 Jahren verfolgt die Forstwirtschaft in Südtirol eine nachhaltige Handlungsstrategie, die Umwelt, Wirtschaft und soziale Aspekte gleichermaßen berücksichtigt. Jede Rodung erfolgt aufgrund einer vorherigen Planung. Schließlich erfüllt der Wald eine wichtige Schutzfunktion. Die Waldfläche Südtirols macht weit über 50 Prozent der Landesfläche aus. 68 Prozent davon sind in Privatbesitz, 28 Prozent in öffentlichem Besitz, zwei Prozent zählen zur Landesdomäne und weitere zwei Prozent gehören der Kirche. Insgesamt acht Forstinspektorate und 38 Forststationen fungieren als Bezugspunkt und unterstützen die Waldbesitzer. Südtirol hat in den vergangenen Jahrzehnten eine funktionierende Holzkette aufgebaut – dies hat sich auch im Zusammenhang und nach dem Jahrhundertsturm Vaia bestätigt.

Eine Liste möglicher öffentlicher Bauvorhaben, bei denen der Baustoff Holz prominent verwendet wird, steht bereits, muss jedoch noch im Detail vertieft werden. An den Richtlinien zur Nutzung des Baustoffs Holz wird derzeit gearbeitet. Die Landesabteilung Hochbau und technischer Dienst setzt auf den Baustoff Holz und hat mehrere Holz-Bauten bereits verwirklicht: Beispiele dafür sind die 2018 neu gebaute Schwarzensteinhütte im Ahrntal oder der im Herbst 2019 in Betrieb genommene Zubau des Schulzentrums in Sterzing. Weitere Bauten sollen folgen, unter anderem auf dem Gelände der Kaserne Cantor in Innichen, im Besucherzentrum des Geoparks Bletterbach in Aldein oder bei der Forststation in Deutschnofen. Künftiges öffentliches Bauen soll in jedem Fall Holz als Baustoff mitberücksichtigen, um damit einen wichtigen Beitrag für eine nachhaltige Zukunft zu leisten.

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